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Toxikologe Jennrich - Wieviel Gift verträgt ein Mensch

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Pressebericht Human Biomonitoring Vortrag von Dr. Rainer Pließ

Herzlichen Dank an Frau Ulrike Langer, freie Journalistin, dass sie uns ihren Pressebericht zur Verfügung gestellt hat

 

Haßfurt (ger) „Der Vortrag war sehr informativ und hat mich regelrecht gefesselt“, sagt Dirk Schönmüller aus Horhausen. Er hat wie 30 andere Personen aus Wonfurt und Umgebung eine Informationsveranstaltung der Bürgerinitiative „Lebenswertes Wonfurt“ (BI) im „Hotel Walfisch“ in Haßfurt besucht, bei der der Arzt Rainer Pließ aus Sulzheim (Lkrs. Schweinfurt) über das so genannte „Human-Biomonitoring“ sprach und besonders auf die Wirkung von Giften einging.

Für Dirk Schönmüller, Mitglied der BI, fand vor allem die Aussage von Pließ, dass die Firma Loacker „wie ein kleines Atomkraftwerk“ anzusehen sei und die Firma am besten „durch eine Blockade von Gegner dichtgemacht“ werden sollte, sehr gut. „Denn meiner Meinung nach wird zu viel geredet. Es müssten wieder Demonstrationen stattfinden“, so Dirk Schönmüller. „Die Aussage von Rainer Pließ, dass man gegen Mauern rennt und mit normalen Mitteln nicht weiterkommt, hat mich traurig gemacht. Für mich kommt eigentlich nur eine Schließung von Loacker in Frage, um das Risiko der Gesundheitsgefährdung auszuschließen.“

Hintergrund der Veranstaltung war das Angebot des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), mit dem Gesundheitsamt Haßberge ein Human-Biomonitoring (HBM) für Bürger durchzuführen, die im Radius von einem Kilometer um die Firma Loacker wohnen. Das LGL wird dabei Blut und Urin auf Arsen, Blei, polybromierte Diphenylether (PBDE) und polychlorierte Biphenyle (PBP) untersuchen. Die BI hatte zwar das Human-Biomonitoring gefordert, hätte es aber lieber gesehen, wenn ein unabhängiger Human-Mediziner die Untersuchungen durchgeführt hätte. Für Rainer Pließ macht das angebotene BHM keinen Sinn, weil die Werte nur quantitativ und nicht qualitativ beurteilt würden. Außerdem seien bestimmte Stoffe in Blut und Urin nur kurzzeitig nachweisbar. Auf die Frage von Christine Fries aus Wonfurt, wie sich bereits im Körper abgelagerte Stoffe nachweisen lassen könnten, sagte er: „Gar nicht“. Den Anwesenden riet er: „Kümmern Sie sich nicht um das Biomonitoring, sammeln Sie Kenntnisse und kümmern Sie sich um sich selbst.“

Für den Sprecher der BI, Peter Werner, ist das Angebot des HBM ein „Schildbürgerstreich“ des LGL. „Wenn wir uns nicht untersuchen lassen, wird man uns das vorwerfen, wenn wir uns aber untersuchen lassen, erhalten wir keine verlässlichen Aussagen.“ Irmhild Hill-Wächter aus Wülflingen teilte mit, dass sie sich, ihren Mann und ihre beiden Kinder bereits habe untersuchen lassen. „Mit dem Ergebnis: wir sind alle toxisch belastet“, sagte sie.

Rainer Pließ ging ausführlich auf verschiedene Gifte wie Asbest, Holzschutzmittel, Bisphenole oder PCB ein und machte erzählte, dass es fünf bis zehn Jahre dauern könne, bis man ein Gift identifizieren könne, und nochmals zehn bis zwanzig Jahre, bis es offiziell als schädlich anerkannt werde. „Bei Asbest hat es 80 Jahre gedauert, bis es verboten wurde“, führte er als Beispiel an.  „Und Amalgam gilt bis heute nicht als giftig und die Erde ist eine Scheibe!“ Er warnte auch vor Triclosan, das in Desinfektionsmitteln, aber auch in Zahnpasta, Deodorants, Textilien, Spielzeug oder Seifen eingesetzt werde, und als Quelle eines neuartigen Dioxins gelte, das mit Hautkrebs in Verbindung gebracht werde. „Viele giftige Stoffe haben Auswirkungen, die oft nicht erkannt werden, da sich beispielsweise Psychologen oder Nervenärzte damit nicht auskennen“, so Rainer Pließ. Außerdem würden sich die verschiedenen Gifte im Körper nicht nur summieren, sondern exponentiell steigern. Er zeichnete anhand von Fällen aus seiner Praxis auf, dass sich auch Depressionen oder ADS (Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom) auf Erkrankungen durch Gifte zurückführen ließen. „Doch bei den Ärzten fehlen oft Erfahrung, Assoziationsfähigkeiten und Fortbildung“, sagte er.

Ein Stein des Anstoßes für Rainer Pließ war das Schreiben des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LFU) vom letzten Jahr, in dem es „Maßnahmen zur deutlichen Reduzierung der Emissionen“ bei Loacker empfahl. „Warum haben die nicht geschrieben: Loacker muss dicht gemacht werden. Es liegt doch in ihrem Ermessungsspielraum“, betonte er. „Sie haben dort ein Gemisch aus organischen und anorganischen Stoffen, die viele Krankheiten bis hin zum Krebs entstehen lassen können. Eigentlich müssten Sie alle Schutzanzüge tragen!“ Auch seine Kollegen vom Berufsverband deutscher Umweltmediziner hätten die Werte aus den Staubproben eines Nachbarbetriebes von Wonfurt erschreckt.

Peter Werner bedauerte, dass der Fall Loacker aus Angst vor den finanziellen Folgen bagatellisiert werde. Fatal sei, dass auch vor kurzem in der Presse veröffentlicht worden sei, dass alles halb so schlimm sei. „Aber wir zahlen mit unserer Gesundheit und werden daher weiterkämpfen“, sagte er. „Dazu brauchen wir auch weiterhin alle Unterstützung.“

 

 

Stimmen zu der Veranstaltung der Bürgerinitiative „Lebenswertes Wonfurt“

Haßfurt (ger) Für Christine Fries aus Wonfurt von der Bewegung „Mütter gegen Giftstaub“ war der Vortrag von Rainer Pließ „manchmal etwas verwirrend“. Daher habe sie mehrfach nachgefragt. Er sei aber auch interessant gewesen.  „Ich wohne nicht in dem Ein-Kilometer-Radius, in dem Bürger sich untersuchen lassen können“, teilte sie mit. „Allerdings hat das Human-Biomonitoring sowieso keine Aussagekraft.“ Sie gebe die Hoffnung nicht auf, dass die Bürger, ihre Ängste und Sorgen, doch noch ernst genommen würden. „Es gefällt mir nicht, dass so viel Zeit ins Land geht, ohne dass man merkt, dass es vorwärtsgeht“, klagte sie, „wir brauchen endlich Hilfe von der Politik und den Behörden, damit Loacker endlich so arbeitet, dass niemand mehr durch den Betrieb belastet wird.“

 

Irmhild Hill-Wächter aus Haßfurt fand den Vortrag gut und informativ, auch wenn sie schon vieles von dem gewusst hatte, was Rainer Pließ erzählte. Ihre ganze Familie habe gesundheitliche Probleme und sei laut einem Human-Biomonitoring auf eigene Kosten „toxisch belastet“, erzählte sie. „Ich führe die Belastungen auf Loacker zurück und werde mich jetzt der BI anschließen“, so ihr Fazit.

 

Für den Sprecher der BI, Peter Werner aus Westheim, der sich des Rückhalts der Bevölkerung sicher ist, ist eine Blockade von Loacker keine Lösung. „Wir streben weiter ein Mediationsverfahren an und haben auch schon einen Mediator ins Auge gefasst“, erklärte er. Die Firma Loacker habe ihre Bereitschaft zur Teilnahme an einem Mediationsverfahren bereits signalisiert, während Regierungsrätin Juliane Backhaus vom Landratsamt Haßberge dieses Verfahren nicht unbedingt für zielführend bezeichnet habe. „Wir aber wollen den runden Tisch“, betonte Peter Werner. „Ich gehe davon aus, dass wir auch nach der geplanten Einhausung des Betriebs weiterhin durch Feinstäube und diffuse Stäube chronisch vergiftet werden“, schätzte er die Lage ein und forderte erneut Einsicht in die Pläne. „Deswegen fordern wir kontinuierliche Messungen, um den tatsächlichen Austrag feststellen zu können.“

 

Wonfurt (ger) Die Bürgerinitiative „Lebenswertes Wonfurt“ wird nicht mehr nur für Wonfurt kämpfen, sondern jetzt die Frühjahrskampagne „Giftfreier Landkreis“ starten. Am Freitag, 22. Februar, wird in Wonfurt eine Veranstaltung mit  einem Vortrag von Klaus Koch vom Umweltnetzwerk Hamburg und einer Gesprächsrunde nach dem Motto: Die Bürgerinitiative fragt, die Bürgermeisterkandidaten von Wonfurt antworten“ stattfinden und am Dienstag, 9. April, ist die Sendung „Jetzt red i“ des bayerischen Rundfunks in Haßfurt geplant.

 

 

 

 

Kommentar von Frau Ulrike Langer

Die Augen vor den Gefahren zu verschließen ist einfach und bequem. Denn wer sich informiert, muss zu dem Schluss kommen, dass nichts, was man isst, kein Raum, in dem man lebt oder arbeitet, unbelastet ist. Selbst wenn nur ein Bruchteil von dem, was wirklich interessierte und besorgte Ärzte und Wissenschaftler herausgefunden haben, wahr ist. Der Mensch ist so vielen Giften, Bakterien, Viren oder Strahlungen ausgesetzt, dass es ein Wunder ist, dass es noch Gesunde gibt. Das ist so beunruhigend, dass viele am liebsten wegsehen. Auch wenn die Gifte, die aus dem Betrieb Loacker in Wonfurt emittiert werden, vielleicht nur gering sind, können sie sich doch mit anderen Giften, denen die Menschen ausgesetzt sind, addieren beziehungsweise potenzieren und für manchen der berühmte Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt und schwere Krankheiten auslöst.

Wir können der Grube, die wir uns selbst mit dem Einsatz der Chemie in allen Lebenslagen gegraben haben, scheinbar nicht entkommen. Es mag Leute geben, die immer noch leugnen, dass der Mensch den Klimawandel selbst versursacht hat, auch wenn rund um den Globus die Auswirkungen immer deutlicher zu spüren sind. Und es wird immer Leute geben, vorwiegend an den verantwortlichen Stellen, die das Offensichtliche nicht sehen wollen. Wissenschaftler und Ärzte, die die Erkenntnisse ihrer Kollegen ignorieren. So wie es einmal Mahatma Gandhi formulierte: „Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.“

Doch wir müssen uns alle an die Nase fassen: jeder Einzelne trägt Verantwortung durch sein Handeln, für sich und seine Mitmenschen, auf jeden Einzelnen kommt es an, jeder kann etwas erreichen, in dem er bei sich anfängt. Es bleibt zu wünschen, dass es, sollten „wir“ jemals gewinnen, nicht schon zu spät ist. Dass wir nicht erst dann, wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, feststellen, dass man Geld nicht essen kann.

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